ÖIR Barcamp, Anlaufstellen und Infrastruktur-Unabhängigkeit
Kennen Sie das Phänomen der selektiven Wahrnehmungsveränderung? Kaum bündelt man die eigene Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Phänomen, taucht es auch schon an allen Ecken und Enden auf. (Wie in dem berühmten Experiment, in dem Stanley Milgram von dem rosaroten Elefanten, an den er nicht denken sollte, fast aufgefressen worden wäre.) Die Räterepublik lebt in fast ganz anderem Sinn fort, an allen Ecken und Enden sprießen PR-Räte, Geheimräte und geheime PR-Räte aus dem Boden. Beim gestrigen ÖIR-Barcamp haben wir die österreichische Ratssituation eingehend analysiert und können mit Beruhigung feststellen: Besorgte Hobby-Ethiker finden mittlerweile so viele Anlaufstellen wie nie zuvor.
Nur um den Facebookrat machen wir uns doch ernsthafte Sorgen und möchten darauf hinweisen, dass es uns überaus gefährlich erscheint, einen Facebook-Rat innerhalb von Facebook zu gründen, da man sich damit einem willkürlichen Verhalten des Hosts aussetzt. Es steht leider zu befürchten, dass sich der Facebook-Rat in kritischen Fragen mit Facebook-CEO Mark Zuckerberg wird arrangieren müssen, da ansonsten die betreffende Gruppe jederzeit gelöscht werden kann. (es wäre nicht der erste Ethik-Rat, welcher der Willkür von „Betreibern“ zum Opfer fällt.) Bei der gestrigen Session „Rats-Infrastruktur und Unabhängigkeit“ haben wir ein Konzept ausgearbeitet, das wir dem Facebookrat dringend empfehlen möchten: getreu unserem Prinzip, dass im Zweifelsfall nur jener das letzte Wort besitzt, welcher serverseitig filtert, liegt die einzig vernünftige Lösung im Aufbau einer Ethik-immanenten Parallelstruktur. Analog zu saubertweeten (mehr dazu in Kürze) sollte idealerweise ein eigenes „Facebook“ (ev. „Cleanbook“) betrieben werden, um jegliche Betreiber-seitige Einflussnahme auf den medien-ansässigen Ethikrat zu verhindern. (Ähnliches gilt für Myspace-, StudiVZ- und gleichwertige Räte.)
PS: Dies ist kein Verweis, sondern lediglich eine Empfehlung.